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Alben der Woche: Mai 2024 Unsere Alben der Woche im Überblick

In der letzten Mai-Woche feiern wir das neue Album von Angela Aux "Spacelarking in the Age of Spiritual Machines", außerdem den letzten Gruß der Band "Shellac", das Album "To All Trains". Beth Gibbons schenkt uns - neben einem exklusiven Radiokonzert - ihr neues Album "Lives Outgrown". Außerdem "That Golden Time" der Villagers mit Conor O'Brien, ebenfalls im exklusiven Zündfunk-Radiokonzert zu hören und das Album von Jessica Pratt "Here In The Pitch" (nicht der Opernsängerin!), unsere Alben der Woche im Überblick

Von: Zündfunk

Stand: 31.05.2024

Angela Aux - Spacelarking In The Age Of Spiritual Machines  | Bild: Colour the Kid

Angela Aux - Spacelarking in the Age of Spiritual Machines

Noch ein Münchner Musiker bringt morgen ein neues Album raus: Angela Aux. Das ist das Alter Ego von Florian Kreier, der auch bei der Band Aloa Input spielt, Musik für Filme komponiert und ein Label betreibt. Mit seinem neuen 6. Solo-Album schließt er nahtlos an sein tolles Album aus dem letzten Jahr an. Es geht auch diesmal um die Zukunft: Künstliche Intelligenz, Mensch vs. Maschine und die Sehnsucht nach dem Weltall. "Spacelarking in the Age of Spiritual Machines" heißt das neue Album. Spacelarking als Steigerung von Skylarking (bedeutet so viel wie Unfug machen). Und „The Age of Spiritual Machines“ spielt auf das Buch von Ray Kurzweil an. Da Album beginnt mit einem Stück, das klingt wie die Eröffnungssequenz eines alten Science-Fiction-Films aus den 60ern (“Moon”). Also eher unheilvoll. Aber sobald die tröstliche, sanfte Stimme von Angela Aux einsetzt, hab ich nicht mal mehr Angst vor Aliens.

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Prominent Encounter | Bild: Angela Aux - Topic (via YouTube)

Prominent Encounter

Das Erste, was auffällt auf dem neuen Angela Aux Album: die Melodien. Sie sind wieder mal fantastisch. Vielleicht kommt hier die alte Beatles-Schule zum Vorschein (“Morning Sun”). Außerdem ist Angela Aux’ Kraut-Pop beeinflusst von J Dilla und - auf dem neuen Album sehr hörbar - den Flaming Lips. Das Album ist ein spaciger, zart verspulter Trip, angereichert mit Ambient-Sequenzen, Stimmfetzen und Sounds, die manchmal aus dem Gameboy zu kommen scheinen oder aus alten Zeichentrickserien. Der Themenkomplex Mensch-Maschine-Aliens ist beim Singer/Songwriter-Philosoph Angela Aux jedenfalls gut aufgehoben. (Ann-Kathrin Mittelstraß)

Tracklisting

1. Moon
2.Take It Somewhere
3. Solar Eclipse
4. Morning Sun
5. Mysterious Pedestrian
6. Traveler Of The Mind
7. Alien Monolgue
8. No End Theory
9. Now is the Future of the Past
10. Prominent Encounter
11. Unhuman After All

Shellac – To All Trains

Shellac ist die Band vom kürzlich viel zu früh verstorbenen Steve Albini – der Produzent von Nirvana/PJ Harvey/Pixies – er erlag am 7. Mai mit nur 61 einem Herzinfarkt. Steve Albini war einer der großen Musiker, der nicht das Rampenlicht suchte und die Indie-Welt doch maßgeblich prägte: ohne Steve Albini würde Alternative Rock/Post-Hardcore-Sound heute weniger grunge-y klingen, mit weniger Bass-Druck – und Schlagzeug konnte ohnehin kaum jemand so gut aufnehmen wie er in seinem Studio in Chicago.

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I Don't Fear Hell | Bild: Shellac - Topic (via YouTube)

I Don't Fear Hell

Es ist wieder die Mischung von explosivem Post-Hardcore und exakt herausgezirkeltem Math-Rock. Und es war vor allem sein Sound: trockener, satter, druckvoller Rock. Bass und Schlagzeug verschmolzen zu einer zähen, festen Groove-Einheit. Das haben sie mit anderen, wesentlich berühmteren Rock-Minimalisten gemeinsam – egal ob Motörhead, den Wipers oder den Ramones.
Letztere waren seine Initialzündung – wie Steve Albini im Zündfunk-Gästemix mit Sabine Gietzelt einmal schwärmte. (Ralf Summer)

Steve Albini Zündfunk-Gästemix

Tracklisting

1. WSOD 
2. Girl From Outside 
3. Chick New Wave 
4. Tattoos 
5. Wednesday 
6. Scrappers 
7. Days Are Dogs 
8. How I Wrote How I Wrote Elastic Man (cock & bull)
9. Scabby the Rat 
10. I Don't Fear Hell 

Beth Gibbons – Lives Outgrown

Keine 40 Jahre, aber dann doch 30 Jahre nach "Dummy", dem für das Genre Trip Hop so wichtigen Debüt von Portishead, veröffentlicht deren Sängerin Beth Gibbons ihr erstes Solo-Album "Lives Outgrown". Davor hatte es 2002 nur ein Album zusammen mit Rustin Man gegeben und 2014 Beth Gibbons Interpretationen von Góreckis Symphony of Sorrowful Songs. Und, nicht zu vergessen, 2022 ein Song zusammen mit Kendrik Lamar: "Mother I Sober". Ein eher schmaler Veröffentlichungskatalog. Umso größer jetzt die Freude über "Lives Outgrown". Statt dem düsteren, geheimnisvollen Spirit von Portishead, überrascht uns Gibbons hier mit einem Hauch Hoffnung. Songs wie das wirklich wunderschöne "Floating on the moment" begraben die Vergangenheit und feiern den Augenblick. Mit einer instrumentalen Opulenz, mit deepem, unglaublich soulfulen Kammer-Folk-Pop, der unter die Haut geht.

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Beth Gibbons - Floating On A Moment (Official Video) | Bild: Beth Gibbons (via YouTube)

Beth Gibbons - Floating On A Moment (Official Video)

Mit Streichern, Bläsern, Field Recordings und etlichen exotisch klingenden Instrumenten und Harmonien ("Rewind", "Beyond the Sun"). "Lives Outgrown" wäre aber natürlich nichts ohne die faszinierende, unverkennbare Stimme von Beth Gibbons. Die Britin singt hier ungewohnt explizit von den Veränderungen in ihrem Leben ("Lost Changes"), den Abschieden und den Ängsten, aber auch den Sehnsüchten ("Whispering Love").

Entstanden sind diese zehn außergewöhnlichen Songs in den vergangenen zehn Jahren, produziert haben James Ford (u.a. The Last Dinner Party, Fontaines D.C.) und Lee Harris, der Schlagzeuger von Talk Talk. Und da Beth Gibbons nach wie vor eine sehr schüchterne Künstlerin ist, hat sie auch keine Interviews zum Album gegeben. Aber dem Zündfunk dafür ein Radio-Konzert geschenkt, aufgenommen am 11. Mai hier im Bayerischen Rundfunk, ohne Publikum! Ausgestrahlt wird das Konzert an Fronleichnam, Donnerstag, 30.05.2024 im Zündfunk. (Angie Portmann)

Tracklisting:

1 Tell Me Who You Are Today       
2 Floating On A Moment 
3 Burden Of Life                                                                     
4 Lost Changes
5 Rewind
6 Reaching Out
7 Oceans
8 For Sale 
9 Beyond The Sun
10 Whispering Love  

Villagers – That Golden Time

Laut Mastermind Conor O’Brien geht es auf "That Golden Time" um den Clash zwischen Romantik und Realismus. Es sei das wahrscheinlich verletzlichste Album, das er je aufgenommen habe, in einer Reihe von wirklich sehr verletzlichen Alben. Und es geht natürlich auch um die goldene Zeit vor dem Internet. Als er sich die Sänger, die er gehört hat, noch vorstellen musste, weil er absolut keine Infos dazu hatte. Das Internet habe außerdem verändert, wie wir hoffen. Auf "That Golden Time" hören wir die romantische Vorstellung einer Welt, wie sie ohne digitale Vernetzung sein könnte. Das geht bei vielen der Indie-Folk-Songs auf, aber nicht immer sind die Villagers hier wirklich zwingend. (Thomas Mehringer)

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Villagers - That Golden Time (Official Video) | Bild: VillagersTV (via YouTube)

Villagers - That Golden Time (Official Video)

Tourdaten:

Donnerstag 30. Mai - Pop Seasons - Christianskirche, Hamburg
Samstag 1. Juni - Passionskirche, Berlin
Sonntag 2. Juni - Luxor, Köln

Tracklisting:

01. Truly Alone
02. First Responder
03. I Want What I Don't Need
04. You Lucky One
05. That Golden Time
06. Keepsake
07. Brother Hen
08. No Drama
09. Behind That Curtain
10. Money On The Mind

Zündfunk-Studiokonzert der Villagers:

Jessica Pratt – Here In The Pitch

Welch´ Mischung: zwischen Holly Golightly, Karen Dalton und Seu Jorge ist tatsächlich noch Platz für die neue Platte der kalifornischen Sängerin und Gitarristin Jessica Pratt. Luftiger Westcoast, Retro-Folk mit leichtem Brasil-Saudade-Flair und sanftem Easy Listening-Touch treffen hier aufeinander. Hätte man auch bombastisch aufbauschen können, stattdessen hält Pratt die Produktion angenehm zurück.

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Jessica Pratt - "World on a String" (Official Video) | Bild: Jessica Pratt (via YouTube)

Jessica Pratt - "World on a String" (Official Video)

Großen Hallräume verleihen den Mädchen-haften Gesang der 37-Jährigen besondere Tiefe, vermitteln aber auch ein wenig ein "Lost Girl-Gefühl". Und man denkt an den Panorama und Schicksals-Pop der 1960er Jahre – zum Beispiel von den Walker Brothers. Nur, dass eben hier die verspielte Stimme einer Frau erklingt und nicht der tiefe Bariton von Scott Walker. Ein Album, das von diesem Jahr bleiben wird. (Ralf Summer)

Tracklisting

  • 1. Life Is
  • 2. Better Hate
  • 3. World On a String
  • 4. Get Your Head Out
  • 5. By Hook or By Crook
  • 6. Nowhere it Was
  • 7. Empires Never Know
  • 8. Glances
  • 9. The Last Year - Focustrack